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DIE TOSKANISCHE PFALZ


Es war diese Aussicht, – in scheinbar endlos hintereinander geschichteten Relief-Schwüngen bis weit nach Frankreich reichend, die mir die Entscheidung dieses Grundstück zu kaufen so leicht gemacht hat.

Natürlich gab es auch rationale Gründe,- wie die optimale Verkehrsanbindung, einen Flughafen direkt vor der Tür und Betriebskosten unter Großstadtniveau. Aber wer braucht schon Ratio wenn das Herz bereits entschieden hat.



Letzten Mai habe ich mit einem lieben Freund eine wunderschöne Reise durch die Toskana zur Designweek in Florenz unternommen. Auf dem Rückweg stand die Sonne tief und tauchte meine heimatliche Umgebung in warmes Orangerot – so konnte ich endlich mal auf das zeigen, was ich gerne “meine Toskana” nenne, – und sie hielt dem direkten Vergleich durchaus stand.



Das Bild ist jeden Morgen ein Anderes und die Musik dazu wäre definitiv Vivaldis “Vier Jahreszeiten”. Gerade jetzt im Sommer wechselt die Farbe und Struktur der Felder in einem unglaublichen Tempo und bringt mich immer noch jeden Morgen aufs Neue zum Staunen. Vivaldis Sommer ist wohl nicht von ungefähr in G-Moll, lebendig aber etwas bedrückt – wie die schwül-lastende, flirrende Hitze, das reife Getreide, träge Kühe, wilder Mohn und Grillen, die zirpen als gäbe es vielleicht kein Morgen mehr…



Impression meines Zeichentischs, – mit der wahrscheinlich schönsten Aussicht der Welt und einer Sinfonie aus Farbe, vollendender Formgebung und betörendem Duft, – direkt aus dem Garten.

Im Frühsommer, wenn die Lerchen morgens so herzzerreißend und Alles durchdringend singen stehe ich gerne früher auf, – nichts stört dann dieses Ereignis, das sich später im Sommer ganze Nächte hindurch fortsetzt, die Melodie ist immer anders …wiederholt sich niemals. Bei jeder neuen, fast flüsternd beginnenden Strophe stockt einem der Atem bei soviel Hingabe.

Die Atmosphäre ist mit einem Photo nicht einzufangen. denn es fehlt …der immerzu wehende, leichte Wind, das Rauschen der Baumwipfel, die Tauben am frühen Morgen, die Greifvögel, die so elegant ihre Bahnen über die Felder ziehen, das Gezwitscher und nicht zu vergessen die sommerlichen Froschkonzerte dazu.

Ich gebe es offen zu, trotz all dieser Schönheit vermisse ich das Stadtleben, sehr sogar. Aber man kann ja einfach hinfahren zu den Städten / Stätten, die Impulse und Inspiration bieten – nach Paris, Florenz, Berlin, Antwerpen, Stockholm…

…zurück kommen und die Augen auf die Augenweide schicken um sich satt zu sehen an unendlichen Weiten mit sanften, “toskanischen Hügeln”. Auf diese Weise können die aufgesogenen urbanen Eindrücke ganz wunderbar wirken … und sich zu neuen Ideen entfalten.


Der Garten hat sich entschieden ein mediterraner zu werden.

Nicht dass wir das geplant hätten, – es hat sich einfach so ergeben. Eine Mischung aus Kultur-und Wildpflanzen – so gibt es neben üppigen Rosen, duftenden Lilien, würzigem Lavendel, glühend rotem Mohn und exotischen Palmlilien auch noch betörende Nachtkerzen( oben rechts ).

Ein besonderes Schauspiel – erst in der Abenddämmerung blühen sie auf, so schnell, dass man dabei zusehen kann. Der Duft, den sie dabei verströmen ist so intensiv, dass einem die Sinne schwinden könnten…Sie verschwenden sich bis zum nächsten Vormittag, dann ist der Zauber vorbei…. bis zur nächsten Soirée.


An jedem einzelnen Morgen schweift mein Blick in die Ferne, als allererstes Ritual des Tages, – weiter , immer weiter, – so wie in dem Moment, in dem ich dieses Stück Land zu allerersten Mal betreten habe.

Es ist als ob der Horizont sich nur für mich allein grenzenlos öffnet. Ich kann es fast fühlen – etwas in die Knie gehen, kraftvoll abstoßen und die, im ersten Moment noch schweren Schwingen weit öffnen.. mit dem Wind im Gefieder ist es dann ganz leicht.

Es ist keine spektakuläre Gegend, eher unendlich gut – und sanftmütig.

Mir fehlt das urbane Leben…aber, – diese Landschaft verführt dazu Gedanken über sanfte Hügel-Silhouetten fliegen zu lassen, beflügelt die Phantasie, besänftigt das Gemüt, lässt einen durchatmen…. und das Wetter der nächsten Stunden kann ich schon lange vorher heran nahen sehen, wenn es sich über Frankreich auf den Weg zu uns macht.


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